Weiterbildung in den Wahlprogrammen

Weiterbildung in den Wahlprogrammen zur Bundestagswahl 2025

Die Bundestagswahl steht an. Wie positionieren sich die Parteien zum Thema Weiterbildung und wie oft kommt der Begriff eigentlich überhaupt in den Wahlprogrammen vor? Weiterbildung Hessen e.V. hat sich die Wahlprogramme genauer angeschaut. 

Im Bundestagswahlkampf 2025 spielt das Thema Weiterbildung eine deutlich geringere Rolle als noch 2021. Die aktuellen Debatten von Migration, Wirtschaft und sozialer Sicherheit dominieren die politischen Debatten. Hohe Energiepreise, Bürokratieabbau und Investitionsstau haben die Diskussion über allgemeine, berufliche und politische Weiterbildung in den Hintergrund gedrängt.

Die Analyse der Wahlprogramme zeigt, dass Weiterbildung insgesamt weniger Erwähnung findet. Während einige Parteien klare Konzepte zur Förderung der Weiterbildung formulieren, bleibt sie bei anderen eher eine Randnotiz oder fehlt ganz. Die Bandbreite reicht von umfassenden Vorschlägen zur Mitbestimmung von Betriebsräten und Rechtsansprüchen auf Weiterbildung zu vagen Absichtserklärungen oder reinen Förderinstrumenten für spezifische Zielgruppen. Eine Partei hat zu Weiterbildung überhaupt nichts zu sagen.

Dieser Bericht vergleicht die Wahlprogramme der Parteien hinsichtlich ihres Engagements für Weiterbildung und analysiert, in welchem Kontext das Thema in den jeweiligen Programmen behandelt wird. In der Betrachtung haben wir uns auf die Parteien beschränkt, die als Fraktion oder Gruppe im aktuellen Bundestag vertreten sind. Die Auflistung erfolgt nach Anzahl der Sitze im aktuellen Bundestag.

Betrachtung der Programme

SPD

Die SPD zeichnet ein differenziertes Bild der Weiterbildung und zählt sie zu den Bausteinen für einen wirtschaftlichen Aufschwung. Bereits auf den ersten Seiten des Wahlprogramms wird das Thema als zentrales Element zur Stärkung des Arbeitsmarktes und zur Sicherung von Beschäftigung genannt (SPD Wahlprogramm, S. 6; S. 13). Der Begriff Weiterbildung wird insgesamt dreizehnmal verwendet. Die Partei setzt sich für niedrigschwellige Beratungsmöglichkeiten ein und fordert eine stärkere Mitbestimmung der Betriebsräte bei Weiterbildungsfragen. (ebd., S.12f).

Das Programm beschreibt die Notwendigkeit von Weiterbildung für Qualität und Fachkräftesicherung in den Betrieben aber auch für die Arbeitsplatzsicherung des Einzelnen, sei es als Recht für einen beruflichen Neustart oder als Teil der Unterstützung von Menschen im Bürgergeldbezug. Die SPD postuliert eine Unterstützung, wenn berufliche Weiterbildung nötig ist, und verspricht Weiterbildungsförderung für Betriebe aller Größen. Weiterbildung sei außerdem nötig, um dem Fachkräftemangel im Gesundheitswesen entgegenzuwirken. (ebd., S. 13f)

Regierungsprogramm der SPD

CDU/CSU

Die CDU/CSU behandelt das Thema Weiterbildung nur am Rande. Der Begriff wird lediglich dreimal im gesamten 82-seitigen Programm erwähnt. Die Partei erklärt Weiterbildung im Kontext technologischer Veränderungen und Digitalisierung für wichtig, allerdings ohne daraus eine Strategie zu entwickeln. Konkret soll die „Allianz für Aus- und Weiterbildung“ fortgeführt werden (S. 64, CDU/CSU Wahlprogramm), die allerdings vorrangig die duale Berufsausbildung stärken soll. Unterstützung sieht das Programm lediglich in der Begabtenförderung, für Stipendien, Studienkredite und oder ähnliches vor. Die Digitalisierung der Weiterbildung wird als Ziel genannt, jedoch lediglich im Zusammenhang mit der Anpassung von Berufsbildern. Nur die Stärkung der Teil- und Weiterqualifizierung, insbesondere für neue Berufe, adressiert Geringqualifizierte überhaupt. Insgesamt wird ein Lebenslauf, das dem Bild einer linearen Bildungsbiografie von der Schule bis zum Studien- oder Berufsabschluss nicht entspricht, nicht zur Kenntnis genommen. Die Förderung politischer Bildung in Zeiten der Zunahme von radikalen politischen Ideen findet im Programm keine Erwähnung. Auch finden sich keine Hinweise zum Thema Bildungsberatung.

Wahlprogramm der CDU/CSU
 

Bündnis90/Die Grünen

Die Grünen erwähnen Weiterbildung in ihrem Wahlprogramm zwölfmal. Sie sehen ein gutes Bildungssystem als „Zentralschlüssel für eine gute Zukunft“ (Bündnis 90/Die Grünen Regierungsprogramm; S. 66) und schließt die Weiterbildung als Teil des lebenslangen Lernens mit ein, das sie als „unterschätzte Säule des Bildungssystems“ bezeichnet (ebd., S. 79). Die Partei will das „Qualifizierungsgeld“ (ebd., S. 18) weiterentwickeln und dadurch Weiterbildung sozial absichern. Das Programm beschreibt Weiterbildung aus Perspektive der Menschen als Voraussetzung für Zugang zu „guter Arbeit“ (ebd., S 67). Als einzige Partei wollen Die Grünen inklusive Weiterbildung fördern (ebd., S. 123). Die Grünen nennen gleich mehrere Sparten, die durch Weiterbildung vorangebracht werden sollen: Kitas, Geburtshilfe und Psychotherapie soll die Gewinnung von Fachkräften erleichtert werden. In der Landwirtschaft kann Weiterbildung zu mehr Nachhaltigkeit führen. Die Partei stellt Qualifizierung und Weiterbildung ins Zentrum des Bürgergeldes.
Weiterbildung ist für die Grünen kein isoliert betrachtetes Thema, sondern wird als Querschnittsaufgabe angenommen.

Regierungsprogramm von Bündis 90/Die Grünen
 

FDP

Die FDP erwähnt Weiterbildung sechsmal in ihrem Wahlprogramm. Die Partei setzt sich mit der gesellschaftlichen Bedeutung der Weiterbildung nicht wirklich auseinander. In den ersten beiden Nennungen wird sie im engen Kontext der Verbesserung von Kita-Teams erwähnt (FDP Wahlprogramm, S.7). Das Thema wird eine Seite später unter der Überschrift „Berufliche Bildung und lebenslanges Lernen stärken“ noch einmal aufgegriffen (ebd. S. 8). Die FDP macht sich hier für den zielgerichteten Ausbau des Aufstiegs-BAföGs stark und möchte auch eine zweite Fortbildung auf derselben Stufe fördern. Die Einführung eines Steuersparkontos für Weiterbildungsvorhaben oder ein erleichterter Zugang zu Weiterbildungen zum Fahrprüfer zur Beschleunigung von Fahrprüfungen treffen dagegen nicht den Kern des Themas.

Wahlprogramm der FDP
 

AfD

Die AfD setzt sich mit dem Begriff Weiterbildung inhaltlich nicht auseinander und sieht darin keine gesellschaftspolitische Relevanz. Weiterbildung wird lediglich als Instrument zur schnellen Vermittlung in Arbeit gesehen. Die Zahl der Nennungen des Begriffs Weiterbildung im Programm zur Bundestagswahl 2021 hat sich von 0 auf 3 gesteigert. Das Thema politischer Bildung wird im AfD Leitantrag einmal aufgegriffen. Dort wird behauptet, dass sich „eine politische Klasse herausgebildet [habe], die nicht nur den Umbau des Staates im Sinne ihrer linksgrüne Ideologie verfolgt, sondern gleichzeitig auch die Erhaltung ihrer Macht, ihres Status und ihres materiellen Wohlergehens anstrebt. Sie zerstört die soziale und kulturelle Zukunft unseres Volkes, unsere Wirtschaft und damit unseren Wohlstand. Instrumente der Zerstörung sind Globalisierung, Kulturrelativismus, Diversität und vermeintliche ‚Gendergerechtigkeit‘ (Afd Wahlprogramm, S. 128). Dazu nutzt sie die Schalthebel der staatlichen Macht, der politischen Bildung und ihres informationellen und medialen Einflusses auf die Bevölkerung.“ An der mangelnden inhaltlichen Substanz zeigt sich, dass die reine Anzahl der Nennungen nur bedingt Rückschlüsse auf die Unterstützung von Weiterbildung zulässt.

Wahlprogramm der AfD
 

Die Linke

Die Linke widmet sich dem Thema Weiterbildung im Vergleich der anderen (hier besprochenen) Wahlprogrammen um umfangreichsten und erwähnt den Begriff Weiterbildung zwanzigmal auf 60 Seiten, den Begriff Erwachsenenbildung zwei weitere Male. Ein ganzes Unterkapitel trägt den Titel „Weiterbildung fördern“ (Die Linke Wahlprogramm, S. 40). Die Partei fordert, dass Betriebsräte Mitbestimmungsmöglichkeiten bei Weiterbildungen erhalten sollen. Zudem soll ein Rechtsanspruch auf Weiterbildung für Erwerbslose eingeführt werden. Ein zentraler Punkt der Förderung ist das „Weiterbildungsgeld“ (ebd. S. 28), dass 90 Prozent des letzten Nettolohns bei Jobverlust oder Jobwechsel betragen soll, um gerechte Transformation zu gewährleisten. Arbeitszeitverkürzung bei Lohnfortzahlung für Weiterbildung und die verpflichtende Freistellung für (nicht nur berufliche) Weiterbildungen sind weitere Forderungen.
Die Linke fordert gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten in der Erwachsenenbildung und die Umwandlung von Honorarstellen in feste Stellen (ebd., S. 40) und mahnt eine "kritische Auseinandersetzung mit technologischen Scheinlösungen, mit der Macht der Tech-Konzerne und den sozialen und kulturellen Folgen von Digitalisierung" als Teil der Erwachsenenbildung an (ebd., S. 57). Die Partei nimmt stark die Perspektive der Beschäftigten und Erwerbslosen ein. Sie hält Weiterbildung für die soziale Gerechtigkeit für nötig. Sie tritt für Förderung der Weiterbildung ein und fordert eine tarifliche Entlohnung für Beschäftigte in der Weiterbildung. Auch wenn die Zahl der Nennung der Begriffe „Weiterbildung“ bezeihungsweise Erwachsenenbildung von 58 im Jahr 2021 auf 22 zurückging, ist das Wahlprogramm der Linken im Parteienvergleich das deutlichste Bekenntnis zur Weiterbildung aller Parteien.

Wahlprogramm Die Linke

BSW

Das Wahlprogramm des BSW umfasst 45 Seiten. Darin wird anstatt Weiterbildung der Begriff Erwachsenenbildung gewählt. Dieser kommt dreimal vor. Die ersten beiden Male bezieht sich das Programm auf eine geforderte Reform des Statusfestellungsverfahrens der Deutschen Rentenversicherung. „Wenn sie dies wünschen, müssen Lehrkräfte an Musikschulen, in Erwachsenenbildung usw. sozialversichert beschäftigt werden“, so die Forderung des BSW (Wahlprogramm BSW, S. 15). Die dritte Nennung nimmt Bezug auf die Integration von Migranten und Migrantinnen und deren „Eingliederung in das Arbeitsleben“, für das ein „System, in dem Schulabschlüsse nachgeholt werden können und Nachqualifikationen möglich sind“, nötig sei. (ebd., S. 37). Ein Bekenntnis zu lebenslangem Lernen zur beruflichen und persönlichen Weiterentwicklung oder zur Anpassung an sich verändernde berufliche Anforderungen findet sich im Programm nicht.

Wahlprogramm BSW

Fazit

Insgesamt hat die Bedeutung von Weiterbildung im Wahlkampf 2025 abgenommen. Die Anzahl der Nennungen ist bei fast allen Parteien gesunken. Während Die Linke, die SPD und Bündnis 90/Die Grünen konkrete Maßnahmen zur Förderung der Weiterbildung formulieren, bleibt das Thema bei CDU/CSU, FDP, AfD und BSW eine Randnotiz. Die politische Schwerpunktsetzung auf Migration, Wirtschaft und soziale Sicherheit hat Weiterbildung in den Hintergrund gedrängt. Dennoch bleibt sie ein entscheidendes Instrument zur Fachkräftesicherung und individuellen Weiterentwicklung, das hoffentlich in zukünftigen Wahlkämpfen (und noch wichtiger: in zukünftigen Regierungen) wieder an Bedeutung gewinnt.

Literaturempfehlungen: 

  • Das Bundesinstitut für Berufsbildung hat sich ebenfalls die Wahlprogramme genauer angeschaut (Link).
  • Auf dem deutschen Bildungsserver wurden die zentralen Aussagen der Wahlprogramme der Parteien gesammelt (Link).
  • Für die individuelle Wahlentscheidung hilft der "Wahl-O-Mat" der Bundeszentrale für politische Bildung (Link).
  • Professor Bernd Käpplinger in seinem LinkedIn Beitrag "Weiterbildung als Wahlkampfthema 2025" (Link)

Häufigkeit des Begriffs "Weiterbildung" in den Wahlprogrammen 2021 und 2025

Oliver Amrhein
Leitung Hessische Weiterbildungsdatenbank
und Öffentlichkeitsarbeit
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