Aktuelle Gesetze und Urteile

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Die hier bereitgestellten Informationen dienen ausschließlich der allgemeinen Orientierung und stellen keine Rechtsberatung dar. Für eine rechtssichere Einschätzung im Einzelfall wenden Sie sich bitte an eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt.

Wir bemühen uns, die Inhalte stets aktuell zu halten. Sollten Sie feststellen, dass wir bei einem Thema nicht auf dem neuesten Stand sind, freuen wir uns über einen entsprechenden Hinweis.

 

 

Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) - BGH-Urteil vom 12.06.2025 und Folgen für Anbieter (Stand 08.12.2025)

BGH-Urteil vom 12.06.2025 (III ZR 109/24) und Folgen für Anbieter

Hintergrund des Urteils

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass auch Online-Coachings und -Seminare unter das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) fallen können – auch bei B2B-Angeboten. Streitfall: Ein Teilnehmer forderte Geld zurück, weil der Anbieter keine ZFU-Zulassung hatte. Der BGH entschied: Die Maßnahme hätte gem. FernUSG zugelassen werden müssen. Der Vertrag war somit nichtig und der Anbieter muss die Kursgebühren zurückzahlen.


Merkmale von Fernunterricht (§ 1 Abs. 1 FernUSG)

Ein Angebot gilt als Fernunterricht, wenn folgende Punkte erfüllt sind:

  1. Entgeltliche, systematische Vermittlung von Kenntnissen/Fähigkeiten
  2. Überwiegende räumliche Trennung (auch bei Live-Videokonferenzen).
  3. Vertragliche Bindung (Anmeldung, Rechnung).
  4. Lernerfolgskontrolle (Fragemöglichkeit reicht schon).
  5. Keine Unterscheidung von B2B und B2C

Die „räumliche Trennung“ (Punkt 2) wird in verschiedenen Urteilen unterschiedlich ausgelegt. Vor dem BGH-Urteil wurden Videokonferenzen nicht einer „räumlichen Trennung“ zugeordnet, da die Veranstaltung in synchroner Kommunikation erfolgte. Sobald Videokonferenzen jedoch aufgezeichnet wurden, wird aufgrund der ständigen Erreichbarkeit der Aufzeichnung von einer räumlichen Trennung ausgegangen.

Neu im BGH-Urteil: Der BGH ließ letztendlich offen, ob rein synchrone Videokonferenzen (ohne Aufzeichnungen) doch als räumlich getrennt einzustufen sind. Aus dem Wortlaut des Urteils lässt sich jedoch eine Tendenz entnehmen, die auch bei Live-Videokonferenzen das FernUSG zuständig sieht.


Folgen bei Nichtbeachtung

  • Vertrag nichtig → Teilnehmer können Gebühren zurückfordern.
  • Wettbewerbsrechtliche Abmahnungen möglich (§ 3a UWG).
  • Bußgeld der ZFU bis 5.000 € (§ 17 FernUSG).

Haftungsausschlüsse

Bezeichnungen wie „Workshop“ oder „Informationsveranstaltung“ helfen nur, wenn das Format tatsächlich nicht die Merkmale des Fernunterrichts erfüllt. Ein vertraglicher Haftungsausschluss ist unwirksam, wenn die Veranstaltung objektiv Fernunterricht ist.


Neuste Entwicklungen: Rechtsprechung in Bayern und Normenkontrollrat

LG München I (08.08.2025): Digitale Formate können Präsenzqualität erreichen

Mit einem Urteil vom 8. August 2025 (Az. 47 O 12802/24) hat das LG München I eine bemerkenswerte Akzentverschiebung vorgenommen:
Ein Coaching-Angebot mit Videokursen, Live-Sessions und 1:1-Betreuung sei nicht als Fernunterricht einzuordnen.

Das Gericht hält fest:

  • Digitale Betreuung könne heute „Präsenzqualität“ haben.
  • Entscheidend sei nicht nur die räumliche Trennung, sondern die Interaktivität und Begleitung.
  • Das FernUSG sei mit Blick auf moderne E-Learning-Angebote eng auszulegen.

Das Urteil bezieht sich ausdrücklich auf die BGH-Entscheidung und unterscheidet zwischen asynchronen Fernlehrgängen und synchron betreuten Coaching-Formaten.
(Quelle: gesetze-bayern.de, BeckRS 2025, 21602)

Normenkontrollrat: Gesetz soll ersatzlos entfallen

Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) plädierte im November 2025 dafür, das FernUSG vollständig abzuschaffen.
Begründung (Quelle: NKR-Kurzmeldung vom 11.11.2025):

  • Das Gesetz von 1977 sei „nicht in die digitale Zeit zu retten“.
  • Die ZFU könne nur einen Bruchteil der digitalen Bildungsangebote erfassen.
  • Verbraucherrechte seien inzwischen im BGB ausreichend geregelt.
  • Es sei effizienter, nur die Kündigungsschutzregel des FernUSG in das BGB zu übernehmen.

Der Vorschlag befindet sich derzeit in der politischen Diskussion; eine Gesetzesinitiative steht noch aus.


Quellen

- BGH Pressemitteilung Nr. 84/2025: www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2025/202584.html
- IT-Recht Kanzlei – Analyse: www.it-recht-kanzlei.de/bgh-urteil-fernunterricht-online-coaching.html
- Noerr – Rechtliche Bewertung: www.noerr.com/de/insights/bgh-konkretisiert-anwendungsbereich-von-fernunterrichtsschutzgesetz-fuer-digitale-lernangebote
- ZFU – Zulassung von Fernlehrgängen: www.zfu.de/zulassung/zulassung-fernunterricht
- Rechtsanwälte FunkeMüller: Präsentation „Aktuelle Entwicklungen im Fernunterrichtsrecht“. Begleitunterlagen zur Informationsveranstaltung von Weiterbildung Hessen e. V. und Weiterbildung Hamburg e. V., 27.08.2025.

Bundestariftreuegesetz (BTTG) – Informationen für Bildungseinrichtungen (Stand 10.11.2025)

Das Bundestariftreuegesetz (BTTG) befindet sich derzeit noch im Gesetzgebungsverfahren und ist noch nicht verabschiedet. Dennoch wirft der aktuelle Entwurf bereits wichtige Fragen für Bildungseinrichtungen auf, insbesondere für solche, die Bundesfördermittel erhalten.

Kernpunkte des Entwurfs:

• Bei Bundesförderungen ab einem Schwellenwert von 50.000 € pro Jahr sollen tarifvertragliche Mindestarbeitsbedingungen eingehalten werden.

• Dies gilt auch für Einrichtungen, die selbst nicht tarifgebunden sind. Das bedeutet: Mitarbeitende müssten nach einem einschlägigen Tarifvertrag entlohnt werden.

• Unklar ist derzeit, welcher Tarifvertrag als Referenz gelten soll. Es gibt keinen allgemeinverbindlichen Branchentarifvertrag für die Weiterbildung. Ob z. B. der TVöD oder der TV-H (Hessen) Anwendung findet, ist nicht eindeutig geregelt.

Aktuelle Diskussionen:

• Ein möglicher Branchentarifvertrag im Bereich SGB II/III ist für 2027 im Gespräch, dürfte aber für das BTTG vermutlich keine direkte Relevanz haben.

• Bestimmte Bereiche wie BAMF- und BA-Kurse sollen nach aktuellem Stand nicht vom BTTG betroffen sein.

Was bedeutet das für Bildungseinrichtungen?

Für viele Einrichtungen ist das Thema derzeit noch nicht akut, könnte aber relevant werden, wenn Bundesmittel (z. B. Projektförderungen) fließen. Voraussichtlich wird ein „Tariftreueversprechen“ gegenüber dem Bund erforderlich sein, sobald das Gesetz in Kraft tritt. Details hierzu müssen vom Bund noch kommuniziert werden.

Empfehlung:

• Klärung direkt mit dem Fördermittelgeber, ob und in welchem Umfang das BTTG für Ihre Einrichtung Anwendung findet.

• Achten Sie auf weitere Informationen zum Gesetzgebungsverfahren, um Ihre Personalpolitik entsprechend anpassen zu können.

Hinweis:

Diese Informationen dienen der Orientierung und ersetzen keine rechtliche Beratung.

Quellen:

Branchentarifvertrag soll 2027 in Kraft treten (https://www.gew.de/aktuelles/detailseite/branchentarifvertrag-soll-2027-in-kraft-treten)

Nachbesserungen für die Weiterbildung nötig (https://www.gew.de/aktuelles/detailseite/nachbesserungen-fuer-die-weiterbildung-noetig)

Stellungnahme zur Novellierung des Hessischen Weiterbildungsgesetzes (Stand: 13.08.2025)

Auf Einladung des Hessischen Landtags hat Weiterbildung Hessen e.V. zum Entwurf des neuen HWBG Stellung genommen – wir begrüßen die geplante Verwaltungsvereinfachung, sehen jedoch finanzielle Risiken für einzelne Träger und die Angebotsvielfalt.

Der aktuelle Entwurf bringt wichtige Impulse wie die Umstellung auf leistungsgesetzliche Regelungen und eine moderate Dynamisierung der Förderleistungen. Gleichzeitig droht eine unzureichende finanzielle Ausstattung, die insbesondere die Freien Träger schwächen könnte. Auch die Einbeziehung nur eines Teils der hessischen Weiterbildungslandschaft in das HWBG birgt das Risiko einer Wettbewerbsverzerrung.

Hier geht es zur Stellungnahme.

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) – neue Anforderungen auch für Bildungsanbieter (Stand: 11.06.2025)

Am 28. Juni 2025 trat das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Es setzt die EU-Richtlinie über Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (European Accessibility Act) in deutsches Recht um. Ziel ist es, digitale Angebote für alle Menschen nutzbar zu machen.

Für Weiterbildungseinrichtungen bedeutet das: Auch ihre Webseiten und Buchungsplattformen müssen künftig barrierefrei gestaltet sein. Damit sind u. a. klare Strukturen im Aufbau, Alternativtexte für Bilder, ausreichend Kontraste und verständliche Navigation gemeint. Insbesondere Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr – also die Online-Anmeldung oder Kursbuchung – fallen in den Anwendungsbereich des Gesetzes.

Kleinstunternehmen können zwar unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen geltend machen, doch grundsätzlich gilt: Barrierefreiheit schafft Vorteile für alle Nutzergruppen und trägt zu einer besseren Reichweite der Angebote bei.

Im Rahmen einer Infoveranstaltung haben wir gemeinsam mit Bernhard Stadelmayer (Landeskompetenzzentrum für Barrierefreie IT Hessen) die gesetzlichen Anforderungen vorgestellt und praxisnah erläutert. Die zugehörige Präsentation stellen wir Ihnen hier zur Verfügung:

Zur Präsentation

Übergangsregelung zur Selbstständigkeit von Lehrenden beschlossen (Stand: 30.01.2025)

Am späten Abend des 30. Januar hat der Bundestag eine Übergangsregelung für die Versicherungspflicht von Lehrenden beschlossen. Weitere Infos und die Vorabfassung des Gesetzestextes finden Sie hier.

In seiner gestrigen Sitzung hat der Bundestag eine Änderung im SGB IV beschlossen, nach der im § 127 SGB IV eine Übergangsregelung für Lehrtätigkeiten geregelt werden soll. Diese Regelung ist eine Reaktion auf die aktuell unklare Situation von Honorarkräften im Bildungsbereich seit dem "Herrenberg-Urteil" des Bundessozialgerichts.

Die Übergangsregelung sieht vor, dass bei Statusfeststellungsverfahren von Lehrkräften vorerst keine Versicherungspflicht eintritt, wenn die Vertragsparteien (i.d.R. Bildungseinrichtung und Honorarkraft) bei Vertragsabschluss übereinstimmend von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen sind und die Lehrkraft dieser Regelung zustimmt. Die Lehrkräfte gelten dann als Selbständige im Sinne der Regelungen zur Versicherungs- und Beitragspflicht für selbständig tätige Lehrer nach SGB VI (vgl. § 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI). Ggf. kommen noch Abgaben zur KSK hinzu.

Der Wortlaut der geplanten Übergangsregelung finden Sie hier ab Seite 18.

Diese Übergangsregelung ist bis zum 31. Dezember 2026 befristet.

Wir als Branchenverband betrachten diese Übergangsregelung als eine wichtige Voraussetzung, um künftig dauerhaft Planungs- und Rechtssicherheit für Bildungsträger zu gewährleisten. Diese Regelung sorgt zunächst dafür, dass bei Zustimmung der Honorarkraft keine Nachforderungen von Sozialbeiträgen eingeholt werden können. Andererseits können Bildungseinrichtungen bis Ende 2026 rechtssicher mit Honorarkräften planen. Nach der anstehenden Bundestagswahl muss jedoch auch zügig an einer dauerhaften (über das Jahr 2026 hinausgehenden) Sicherung von Honorartätigkeiten im Bildungsbereich gearbeitet werden.

Der vorliegende Beschluss des Bundestags wurde am 14.02.2025 in der 1051. Sitzung des Bundesrats bestätigt.

Als Service für unsere Mitgliedseinrichtungen haben wir am 18. Februar in einer Online-Informationsveranstaltung über die Änderungen und über notwendige weitere Schritte (z. B. Zustimmung der Honorarkräfte, um die Änderungen zu erläutern ) informiert. Zur Präsentation

Bildungsurlaub in Hessen – Wichtige Änderung ab 01. Januar 2024

Mit der Novelle des Hessischen Bildungsurlaubsgesetzes (HBUG) ist zum 1. Januar 2024 eine entscheidende Änderung in Kraft getreten:

Die bisherige Regelung der sogenannten Queranerkennung (§ 11 Abs. 4 HBUG a. F.) wurde gestrichen. Damit gilt:

  • Anerkennungen, die in anderen Bundesländern erteilt wurden, sind in Hessen nicht mehr gültig.

  • Bildungsurlaubsveranstaltungen können nur dann als Bildungsurlaub anerkannt werden, wenn sie eine eigene Anerkennung des Landes Hessen besitzen.

  • Für Bildungsanbieter bedeutet dies, dass Angebote für hessische Beschäftigte zwingend beim Hessischen Ministerium für Soziales und Integration zur Anerkennung beantragt werden müssen.

  • Ohne diese hessische Anerkennung haben Teilnehmende keinen gesetzlichen Anspruch auf Freistellung nach dem HBUG – selbst dann nicht, wenn die Veranstaltung in einem anderen Bundesland als Bildungsurlaub anerkannt ist.

In Onlineveranstaltungen zur Trägeranerkennung und Programmgestaltung informierten wir in Zusammenarbeit mit dem Hessischen Sozialministerium zu den Anerkennungsverfahren.

Die Präsentationen können Sie sich hier herunterladen:
Trägeranerkennung
Programmgestaltung 

Weitere Informationen und Antragsformulare finden Sie auf der Seite des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration:
arbeitswelt.hessen.de – Bildungsurlaub